Anfang August haben Jugendliche der Gemeinschaft Sant'Egidio aus Genua und Pavia eine Woche der Solidarität mit Kindern in einigen Dörfern Nordalbaniens und mit Minderjährigen im Gefängnis Shenkoll verbracht.
Die Freundschaft zwischen der Gemeinschaft und den Jugendlichen dieser Dörfer besteht seit vielen Jahren durch Besuche im Januar und August. An den Kursen zum Aufbau von Frieden und Zusammenleben nehmen im Sommer jeweils über 500 Kinder teil.
In diesen Monaten ist die wirtschaftliche Lage schwierig und die Jugendarbeitslosigkeit hoch, sodass es zu vermehrter Gewalt in den Städten und auch auf dem Land kommt. Im Zusammenhang mit dem Kanun, dem Gewohnheitskodex der Rache, ist es auch zunehmend zu Morden gekommen.
Vor einigen Monaten wurde in Barbulloje, einem Dorf in der Nähe von Lezhe mit einer aus den Bergen stammenden Bevölkerung, ein psychisch Kranker mit Gewehrschüssen getötet, weil ihm vorgeworden wurde, er sei eine Störung für die Bewohner des Ortes. Viele sagten dazu: "Für einen Menschen wie ihn konnte man nichts anderes tun, es war die einzige Möglichkeit".
Angesichts solcher Episoden wurden die Kinder der Dörfer Barbulloje, Shkemb I Kuge und Malecaj eingeladen, sich in Aktivitäten mit dem Thema des Friedens zu beschäftigen. Vor allem die älteren Jugendlichen haben über das Zusammenleben, das Leben von Behinderten und das Problem der Vergebung gesprochen.
Ein Appell zur Versöhnung
Am Ende der Woche haben die Jugendlichen einen Appell ausgearbeitet, der die Erwachsenen im Dorf aufruft, andere Wege als die Gewalt zur Lösung von Konflikten zu suchen. Einige waren erstaunt über die Veränderung der Jugendlichen; Dorian erklärte: "Am Anfang konnten wir nicht einmal geordnet miteinander spielen, jetzt sprechen wir miteinander und tauschen unsere Meinungen aus. Ich kann nicht glauben, dass das möglich geworden ist".
Drei große Feste im Dorf mit Musik, Spielen und gemeinsamen Essen bildeten den Abschluss der Woche. Alle haben ihren Teil beigetragen von der Organisation bis zur Musik und dem Vorbereiten von Melonen oder Byrek. Vor dem ganzen versammelten Dorf haben die Jugendlichen ihren Appell vorgelesen und feierlich den Verantwortlichen aus Politik und Religion übergeben. Sie erklärten dazu: "Wir haben verstanden, dass die Gewalt eine Kettenreaktion ist, die durch unsere Heißblütigkeit ausgelöst wird. Aber auch Vergebung und Frieden sind eine Kettenreaktion, es muss nur einer anfangen. Wir sind albanische Jugendliche und wollen anfangen mit dem Einsatz für den Frieden durch Taten und nicht durch Worte.
Unterricht im Gefängnis
In derselben Zeit wurde im Gefängnis von Shenkoll ein italienischer Sprachkurs angeboten, bei dem die Gemeinschaft das Leid und die Hoffnungen albanischer Jugendlicher kennen gelernt hat.
Ca. zwanzig junge Schüler im Alter von 16-17 Jahren aus der Untersuchungshaft in diesem Jugendgefängnis, das zu den größten in Albanien gehört, nahmen am Kurs teil. Sie stammen aus verschiedenen Regionen Albaniens und sitzen wegen kleiner Diebstähle bis zur Mordanklagen ein. In ihren Geschichten erkennt man die Bedrängnis vieler Jugendlicher in diesem Land, die in diesen Krisenzeiten zwischen der Sehnsucht nach einem besseren Leben und fehlenden Möglichkeiten eingezwängt sind, während eine Emigration unmöglich geworden ist.
Fran aus Tirana hat erklärt: "Ich ging aufs Gymnasium, doch als mir ein Weg angeboten wurde, um wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen, habe ich Ja gesagt. Jetzt bin ich hier und muss wahrscheinlich zehn Jahre absitzen".
Seit zwei Jahren begleiten Missionare der Rogationisten die Gemeinschaft bei den Besuchen von erwachsenen und jugendlichen Gefangenen. Es herrscht nämlich eine große Leere im Gefängnis, da keinerlei Beschäftigungen angeboten werden. In diesem Sommer hat die Anstaltsleitung erlaubt, dass eine kleine Delegation eine Woche lang täglich Besuche durchführt und für Jugendliche einen kleinen Sprachkurs anbietet.
Die Jugendlichen nahmen sehr aufmerksam am Unterricht teil, was das Personal sehr verwunderte, das sich auch vom sympathischen Klima anstecken ließ. Am meisten hat die Gefangenen die Entdeckung einer unentgeltlichen Freundschaft beeindruckt, die nicht von materiellen Interessen erfüllt ist.
Am Ende der Kurswoche hat jeder Schüler eine Prüfung mit der für solche Anlässe typischen Aufregung abgelegt. Jedem wurde eine Bestätigung und auch ein Foto übergeben, das sie mit großer Aufmerksamkeit aufheben und auf das sie mit einem herzlichen Dank antworteten.
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