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Unterstützung der Gemeinschaft

  

Dankgottesdienst zum 50. Jahrestag der Gemeinschaft Sant’Egidio

10. Februar um 17.30 Uhr in der Lateranbasilika des Hl. Johannes

Die ersten Personen sind 2018 durch die humanitären Korridore in Italien angekommen. Die neue Phase des Projektes, das zum Modell der Gastfreundschaft und Integration für Europa geworden ist


 
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19 September 2016 17:00 | Sacro Convento, Sala Papale

Rede von Walter Kasper



Walter Kasper


Kardinal, emeritierter Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Heiliger Stuhl

Euer Allheiligkeit, 

Es ist mir eine hohe Ehre und für mich persönlich eine große Freude, Ihnen aus Anlass des 25. Jubiläums Ihrer Inthronisation auf den altehrwürdigen Stuhl des Apostels Andreas und als Ehren-Oberhaupt der orthodoxen Kirchen in der ganzen oikoumene, d.h. auf dem ganzen Erdkreis meine und aller hier Anwesenden herzlich empfundenen  Glück- und Segenswünsche auszusprechen. 
Wir grüßen und beglückwünschen in ihnen zu allererst einen lieben alten Freund. Schon als junger Diakon sind Sie nach Rom gekommen, haben als Stipendiat des Päpstlichen Einheitsrates an der Università Gregoriana  und am Istituto orientale studiert und bereits damals die Gemeinschaft San Egidio kennen und schätzen gelernt. 
Später sind Sie oft und oft aus dem Neuen Rom in das alte Rom, auch hierher zu Friedens- kundgebungen nach Assisi gekommen. Sie haben das persönliche Gespräch mit Papst Johannes Paul II, Papst Benedikt XVI. und jetzt mit Papst Franziskus gesucht und gemeinsam mit ihnen in feierlichen Gottesdiensten um die Einheit aller Christen und den Frieden in der Welt gebetet. Als erster ökumenischer Patriarch haben Sie 2005 an den Trauerfeierlichkeiten für einen verstorbenen Papst und 2013 an der Amtseinführung eines neu erwählten Papstes persönlich teilgenommen.   
Umgekehrt haben wir oft Ihre großzügige und herzliche Gastfreundschaft im Ökume-nischen Patriarchat erfahren dürfen. Ich denke besonders an die Besuche von Papst Johannes Paul, Papst Benedikt und Papst Franziskus und an meine persönlichen Besuche 10 Jahre lang am Fest des Hl. Andreas. In besonderer Weise erinnere ich mich an die Übertragung der Reliquien der großen heiligen Bischöfe Johannes Chrysostomos und Gregor von Nazianz im Jahr 2005. Beide Heilige verehren wir als Zeugen der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends und als unsere gemeinsamen Kirchenlehrer.  
 
I. 
Auf Grundlage dieser gemeinsamen Tradition des ersten Jahrtausends sind Sie vom ersten Tag Ihres hohen Amts an entschlossen in die Fußstapfen Ihres großen Vorgängers des Patriarchen Athenagoras getreten, dessen enger Mitarbeiter Sie waren. Er hat durch die Begegnung mit  Papst Paul VI. am 5. und 6. Januar 1964  in Jerusalem, wie er selber sagte, nach einer langen Nacht der Trennung und nach Jahrhunderten des Schweigens und des Wartens  im Verhältnis der Kirchen von Ost und West einen neuen Morgen eingeleitet, das Schweigen gebrochen sodass unter Ihrem unmittelbaren Vorgänger, Patriarch Demetrios, seit 1980 ein offizieller theologischer Dialog möglich wurde. Sie, Heiligkeit,  haben diesen Dialog immer mit großem Interesse und mit persönlichem Wohlwollen begleitet und in schwierigen Situationen mit großem Geschick als Pontifex, d.h. als Brückenbauer ihm immer wieder über schwierige Klippen hinweggeholfen. 
Bei der Begegnung mit Papst Franziskus anlässlich von dessen Amtseinführung haben Sie ausgeführt: „Der Einheit der christlichen Kirchen gilt unsere erste Sorge, und sie ist zweifellos eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit unseres christlichen Zeugnisses in den Augen derer, die uns nahe stehen, und derer, die uns fern stehen .... Es handelt sich um einen Dialog in Liebe, Wahrheit und Sanftmut, geführt mit den Waffen der Wahrheit.“ In der gemeinsamen Erklärung mit Papst Franziskus anlässlich dessen Besuch beim Fest des Apostels Andreas 2014 haben Sie  erneut den Wunsch ausgedrückt, den gemeinsamen Weg fortzusetzen mit dem Ziel, mit Liebe und Vertrauen die Hindernisse zu überwinden, die uns trennen.” 
Sehr geholfen hat uns bei dieser Aufgabe der Metropolit von Pergamon, Johannes Zizioulas, einer der großen und herausragenden Theologen der Gegenwart. In den persönlichen  Gesprächen mit ihm waren wir unter uns der Einheit ziemlich nahe. Aber die Einheit der Kirchen hängt - Gott sei Dank - nicht nur von uns Theologen ab. Es ist zwar nicht ganz so schlimm mit uns, wie Patriarch Athenagoras meinte, der einmal gesagt haben soll,  man müsse alle Theologen einmal auf eine Insel sperren und ihnen nur Heringen aber kein Waser geben, dann würden sie spätersten binnen einer Woche Wege der Einheit finden. Aber ein Patriarch wie ein Papst muss eben möglichst alle mit ins Boot nehmen, in dem sich, wie in Arche des Noe unterschiedlicher Fahrtgenossen befinden. Die Überfahrt wird darum wohl leider etwas länger brauchen als Patriarch Athenagoras und Papst Paul VI. damals gedacht und gehofft hatten.  
Sie, Heiligkeit, waren realistisch genug um zu wissen, dass man ein Schisma von bald tausend Jahren nur mit langem Atem und nur schrittweise im Geist der Umkehr und der Versöhnung überwinden kann. Viele Missverständnisse haben wir überwunden, wir haben das gemeinsame Bekenntnis zu dem dreifaltigen Gott, das gemeinsame Verständnis der einen Taufe und die zentrale Bedeutung der Eucharistie hervorgehoben und selbst in einer so schwierigen Frage wie dem Primat Roms zumindest erste Annäherungen erreicht: Alle diese Ergebnisse harren noch der Rezeption,  der Vertiefung und der Konkretisierung. Sie kann man nicht erzwingen; sie ist ein Werk des Hl, Geistes, um, den wir nur inständig beten können. Wir sind aber mit Ihnen überzeugt, die Einheit ist der Auftrag des Herrn und die Antwort auf die Zeichen der Zeit in einer eins werdenden und doch zutiefst zerrissenen, von schweren Konflikten durchfurchten Welt Diese Einheit meint keine Absorption, keine Verschmelzung und keine Nivellierung sondern eine Einheit in versöhnter Vielheit, von der Papst Franziskus bei seinem Besuch im Fanar eindringlich gesprochen hat.
Aus einem Gespräch anlässlich dieses Besuchs wird ihr Satz berichtet, wenn er nicht wahr  sein sollte, dann ist es doch gut erfunden: “2054 werden es mit dem Schisma tausend Jahre sein. Viele von uns, darunter ich auch und viele jüngere Leute, erwarten, dass es im Jahr 2054 kein Schisma mehr geben wird." 

II. 
Die Annäherung zwischen Ost und West setzt voraus, dass sich Partner begegnen, die jeweils mit einer Stimme sprechen.  Diese Symphonie der orthodoxen Kirchen ist Ihnen, Heiligkeit, seit nunmehr 25 Jahren als Ökumenischer Patriarch in besonderer Weise aufgetragen, und sie forderte Ihre ganze Kraft. 
Als Sie im Jahr 1991 Ihr Amt des Ökumenischen Patriarchen antraten, war gerade die Berliner Mauer  und der Eiserne Vorgang zwischen Ost- und Westeuropa gefallen. Die orthodoxen Kirchen Osteuropas, welche 70 oder 40 Jahre unter dem Joch der sowjetischen Gewaltherrschaft gelitten hatten, hatten ihre Freiheit wiedererlangt und konnten die koinonia des Glaubens und der Sakramente, welche sie verbindet, wieder öffentlich mitein-ander aufnehmen. 
Es war keine leichte Aufgabe, die Ihnen damit zugefallen ist. Denn schon die der Oktober-revolution in Russland von 1917 und die politischen Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg, bedeutete das Ende des alten Europa wie sie  das Ende des osmanischen Reiches besiegelte. Das hat die Situation der orthodoxen Kirchen in Russland, in der Türkei wie in ganz Europa grundlegend verändert. Die Bevölkerungsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg haben das Problem verschärft.  In Europa, in den beiden Amerika, in Ozeanien. auch in  Schwarzafrika und in Ostasien ist eine orthodoxe Diaspora mit vielen Metropolien entstanden. Das hat Probleme im Verhältnis zu den Mutterkirchen und zwischen diesen mit sich gebracht, Probleme, welche das ökumenische Patriachat verständlicher Weise besonders herausgefordert war. Das Verhältnis zwischen den ortho-doxen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche ist seither nicht mehr nur das Verhältnis von Orient und Okzident, es ist ein im ursprünglichen Sinn des Wortes ökumenisches, d.h. weltweites Problem. 
Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts hat Ihr Vorgängen Joachim III die Probleme hellsichtig vorausgesehen und ein panorthodoxes Konzil angeregt Seine Vorbereitung lag dann Ihnen nach der Auflösung des Ost-West-Gegensatzes besonders am Herzen. Die katholische Kirche hat den Vorbereitungsprozess mit Sympathie und großen Hoffnungen begleitet. Ich möchte in diesem Zusammenhang den 2011 verstorbenen Metropoliten  Damaskinos Papandreou erwähnen, der sich als Leiter des orthodoxen Zentrums in Chambésy bei Genf. um diese Vorbereitung große Verdienst erworben hat. Ihn verband mit dem Professor, später Kardinal Joseph Ratzinger und dann Papst Benedikt XVI. eine tiefe persönliche Freundschaft, und ich erinnere mich gerne wie er, schon von schwerer Krankheit gezeichnet mich in Rom besuchte.  
In den vergangenen Monaten  haben wir die nähere Vorbereitung und dann den Verlauf dieses ersten neuzeitlichen allorthodoxen großen und heiligen Konzils vom 18.- 26. Juni 2016 in Heraklion mit großem Interesse verfolgt. Wir haben Ihre Geduld, aber auch Ihre Zähigkeit und Ihr Geschick bewundert, mit denen Sie trotz großer interner Schwierigkeiten die konziliare Versammlung durchführen konnten.  Unter ökumenischem Gesichtspunkt  hatten wir, und wohl auch Sie selbst, etwas mehr erwartet. 
Doch immerhin bekannte sich das Konzil gegen starke interne Vorbehalte ausdrücklich zur Mitarbeit in der ökumenischen Bewegung. Bei der Schusssitzung am 26. Juni haben Sie ein ausdrückliches Bekenntnis zur Ökumene abgelegt: „Alle von uns haben die vitale Bedeutung des Dialogs mit anderen christlichen Kirchen betont.“ Sie wandten sich ausdrücklich an die Beobachter von anderen christlichen Kirchen: „Im Namen all unserer orthodoxen Schwesternkirchen, der Vorsteher der selbständigen orthodoxen Kirchen und dieses heiligen und großen Konzils bitten wir Sie, unsere Grüße und unsere Liebe Ihren Kirchen und kirchlichen Organisationen zu überbringen.“
Allein das Faktum des Panorthodoxen Konzils war ein Jahrtausendereignis, von dem viele hoffen, dass es einen fortdauernden konziliaren Prozess unter den orthodoxen Kirchen einleiten kann, dass es also ein Anfang und noch nicht das Ende war um sich den Fragen der heutigen Welt und der Ökumene zu stellen. Möge also Gottes Geist den Rezeptionsprozess und die Weiterführung begleiten. 
 
III.
Eine der wichtigsten Aussagen des Panorthodoxen Konzil war dass die Kirche nicht um ihrer selbst willen da ist; sie ist da für die Menschen unserer Zeit. Sie, Heiligkeit, haben eines der fundamentalen Probleme der Gegenwart, das ökologische Problem, von Anfang an  mit Tatkraft aufgegriffen. Nicht umsonst hat man Ihnen den Ehrentitel eines grünen Patriarchen gegeben. 
Das ist keine romantische Idee. Sie wurzelt im sakramentalen Verständnis der Orthodoxie  besonders ihrer Liturgie, in der Brot, Wasser, Wein Öl über ihren funktionalen Wert hinaus eine tiefe symbolische Bedeutung haben. Sie betonen, dass wir als Menschen nicht Herren sondern Hüter der Schöpfung, oder wie Metropolit Johannes Zizioulas sagte: Priester der Schöpfung sind. Es geht Ihnen darum, die oikoumene. die bewohnte Erde als ein bewohnbares Haus des Menschen zu erhalten. Mit allem dem, berührt Sie sich eng mit dem, was Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato sì“ (2015) ausgeführt hat.  
In Ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament haben Sie schon 1994,  drei Jahre nach Ihrem Amtsantritt ausgeführt, dass das ökologische Problem eine radikale Neubewertung unseres Verständnisses der Welt insgesamt verlangt; es verlangt eine andere Interpretation der Materie und der Welt, eine andere Wahrnehmung des Verhältnisses der Menschheit  zur Natur und unseres Verständnisses wie wir die Güter der Welt uns aneignen und sie gebrauchen.” in diesem Sinn hat die Orthodoxe Kirche den 1. September zum Tag der Schöpfung gemacht, dem sich seit diesem Jahr die Katholische Kirche angeschlossen hat. 
In Ihrer Rede vor dem Europa-Parlament 2008 haben Sie den Horizont nochmals wesentlich ausgeweitet. Sie haben über die Krise Europas und über die Krise gesprochen, von der die ganze Welt gegenwärtig durchschüttelt wird. In der Flüchtlingskrise wird uns dies ganze humanitäre Tragödie der globalen Kreise deutlich. In den Flüchtlingen begegnet sie uns nicht in abstrakten Zahlen, in ihnen nimmt sie ein menschliches Gesicht an. 
In diesem Sinn sind Sie zusammen mit Papst Franziskus und Erzbischof Hieronymus von Athen am 16. April auf die Insel Lesbos gereist um diesen Menschen, Frauen und Kindern, Alten und Kranken in die Augen zu schauen und ihnen Mut zu machen. 
In Ihrer Ansprache beklagten Sie, das Mittelmeer sei zu einem Grab für viele Menschen geworden. Man müsse sich dafür einsetzen, dass es zu einem "Meer des Friedens", des Lebens, des Dialogs und der Begegnung werde. An die Flüchtlinge gewandt sagten Sie: "Wer Angst vor euch hat, hat euch nie in die Augen geschaut, hat nie eure Kinder gesehen." Sie sagten, das Flüchtlingsproblem sei nicht nur ein Problem für den Nahen Osten, für Griechenland und Europa, sondern für die ganze Welt. "Die Welt wird danach beurteilt, wie sie euch behandelt hat." „Wir haben geweint, als wir sahen, wie das Mittelmeer zu Grab für eure Lieben wurde. Wir haben geweint, als wir die Sympathie und Sensibilität der Menschen auf  Lesbos und anderen Inseln gesehen haben. Aber wir haben auch geweint, als wir die harten Herzen unserer Brüder und Schwester gesehen haben, die die Grenzen verschlossen und die Schulter abgewandt haben."
Hinter solchen Worten und Gesten steht eine fast zwei jahrtausendalte Erfahrung des Ökumenischen Patriarchats. Sie sagten einmal: Das Ökumenische Patriarchat ist durch die Wellen dieser Jahrhunderte gesegelt und durch die Stürme und Flauten der Geschichte gesteuert. Zwanzig Jahrhunderte lang – durch die Pax Romana, die Pax Christiana, die Pax Islamica, die Pax Ottomanica. Alle Epochen  waren durch interkulturellen Kampf, Konflikt und offenen Krieg gekennzeichnet. Das Ökumenische Patriarchat war, wie Sie sagten, wie ein Leuchtturm für die menschliche Familie und die christliche Kirche. Genau aus den Tiefen unserer Erfahrung nach den tiefen Gewässern der Geschichte übermitteln wir der heutigen Welt eine zeitlose Botschaft von immerwährendem menschlichem Wert.
Sie fügten hinzu: Heute reicht das Ökumenisches Patriarchat weit über die Grenzen seiner physischen Präsenz am Scheitelpunkt Europas und Asiens hinaus. Obwohl wir nicht sehr zahlreich sind, führt uns die umfangreiche Qualität unserer Erfahrungen dazu um uns über die Notwendigkeit des interkulturellen Dialogs auszutauschen – ein erhabenes und aktuelles Ideal und Ziel für die moderne Welt.
Dieser Sicht, diesem Wunsch und dieser Hoffnung schließen wir uns von ganzem Herzen an. Ad multos annos!
 

#peaceispossible #thirstforpeace
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