Jesaja 2,2-5:
2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung aus¬gehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 4 Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflug¬scharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!
I.
Schwerter zu Pflugscharen.
Eine Bronzeskultpur im Garten des UNO-Hauptgebäudes stellt diese Vision des Jesaja eindrücklich dar. Ein muskulöser Heros schmiedet ein Schwert in eine Pflugschar um. Ein Geschenkt der Sowjetunion an die UNO aus dem Jahr 1959.
Schwerter zu Pflugscharen.
Ein Abbild dieser Skultpur wurde in der Evangelischen Kirche der DDR als Graphik für die Einladung zur Friedensdekade 1980 verwendet. „Schwerter zu Pflugscharen“ – Das Bild wurde auf Stoff gedruckt. Und so wurde dieses Prophetenwort zum Motto für die Friedensbewegung auf beiden Seiten der Mauer, die damals Deutschland trennte. Auch mein Vorgänger im Bischofsamt, Gottfried Forck, trug das Symbol als Aufkleber an seiner Aktentasche. Er zeigte damit seine Solidarität mit den Jugend¬lichen, die in den Schulen und bei der Arbeit Probleme bekamen, wenn sie den Auf¬näher an der Kleidung trugen. Manche von ihnen schnitten den kreisrunden Aufnäher aus ihren Jacken aus, so dass jeder an dem runden Loch in der Jacke sehen konnte: Dort war das Prophetenwort gewesen. Aber es musste entfernt werden.
Schwerter zu Pflugscharen.
Als wir vor drei Jahren das Jubiläum „25 Jahre Mauerfall“ in Berlin gefeiert haben, wurde der Verlauf der Berliner Mauer mit vielen weißen Luftballons noch einmal sichtbar gemacht. Zu diesem Anlass haben wir das Symbol „Schwerter zu Pflug¬scharen“ noch einmal drucken lassen – als Ansteckbutton. Die Jugendlichen unserer Kirche haben dann am 9, November 2014 die Luftballons steigen lassen, um zu zeigen: Es gibt sie nicht mehr, die Mauer! Und sie trugen wieder neu das prophe¬ti¬sche Symbol. So haben wir an die Friedensgebete der Kirchen im Jahr 1989 erinnert. In ihnen wurden die Friedensverheißungen der Bibel gehört und haben mit dazu bei¬ge¬tragen, dass wir 1989 eine friedliche Revolution erleben konnten und die Mauer ohne Blutvergießen gefallen ist.
II.
„Schwerter zu Pflugscharen“ – Die Friedensvision des Jesaja ist ein Vision für alle Völker. Alle kommen gemeinsam zu Gott und wollen lernen, wie man Frieden schafft. Und wenn die Völker es gelernt haben, Frieden zu schaffen, dann können sie ihre Waffen vernichten. Alle Ressourcen, die bisher für das Militär notwendig waren, können für friedliche Zwecke eingesetzt werden: um den Hunger zu besiegen und die Natur zu schützen: „Schwerter zu Pflugscharen“
Heute ist die Weltgemeinschaft leider weit von diesem visionären Ziel entfernt:
Wo lernen die Völker heute gemeinsam Frieden zu schaffen?
Wo gelingt es, kriegerische Konflikte durch Friedensverhandlungen zu beenden?
Wo wird über Abrüstung verhandelt?
In der UNO hat die Völkergemeinschaft sich die Instrumente geschaffen, um eine Friedensordnung zu entwerfen und zu befolgen. Die UNO aber wird gegen¬wär¬tig viel zu wenig von den Völkern unterstützt.
Wer hört heute auf die Botschaft der Bronzeskulptur im Garten des UNO-Hauptge¬bäu¬des in New York?
Wer nimmt diese Friedensvision ernst und setzt sich für sie ein?
Es sind zurzeit zu wenige, um Gewalt, Terror und Krieg wirkungsvoll zu beenden.
III.
Müssen wir deshalb die Hoffnung aufgeben, dass es jemals eine globale Gemein¬schaft des Friedens auf unserer Erde geben kann und wird?
Nein, denn wir erleben heute etwas Neues! Wir erleben, dass sich in unseren Tagen erstmals in der Geschichte der Menschheit Vertreter der verschiedensten Religionen zusammenfinden, aus aller Welt, und ihre gemeinsame Verantwortung für den Frie¬den entdecken.
Wenn es den Politikerinnen und Politikern, den Machthabern und Wirtschafts¬lenkern zu wenig gelingt, zusammenzukommen, um zu fragen, was sie tun müssen, um Frie¬den zu schaffen,
wenn sich – ganz im Gegenteil – weltweit ein Geist breit macht, der mehr nach dem eigenen Vorteil als nach dem gemeinsamen Wohl aller fragt,
dann müs¬sen die Religion deutlich ihre Stimme erheben!
Dann müssen wir alle gemein¬sam, die wir an Gott glauben, der Welt wieder neu die großen Friedensvisionen vor Augen malen.
Dann müssen wir die Friedenspotentiale unserer eigenen Religion neu entdecken und den Missbrauch unserer je eigenen Religion für Extremismus, Funda¬men¬talis¬mus und die Legitimation von Gewalt aufspüren, entlarven und mit der Kraft des Geistes überwinden.
Lasst uns gemeinsam zu Gott gehen und von Ihm den Frieden lernen!
Lasst uns eine Friedensethik formulieren, mit der alle Völker, die Menschen aller Religionen und Kulturen, lernen können, wie es geht, Frieden zu schaffen!
Wir haben seit Sonntag in Münster und Osnabrück getagt – dort wo der Westfälische Frieden den schlimmsten Religionskrieg in Deutschland vor bald 370 Jahren beendet hat. Hier wurde eine Friedensordnung geschaffen, deren Früchte wir in Deutschland bis heute genießen.
Von hier geht heute die Botschaft aus:
Lasst uns mit allen Religionen dieser Welt gemeinsam lernen, Frieden zu schaffen!
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