Mit einem „Nein zum Krieg“ haben Vertreter aller Weltreligionen ein dreitägiges Friedenstreffen in Assisi beendet. In einem gemeinsamen Appell erteilten sie jeder Rechtfertigung von Krieg und Terrorismus im Namen der Religion eine Absage.
Zugleich riefen die geistlichen Oberhäupter die Regierenden auf, Konfliktursachen wie Machtgier und Waffenhandel, aber auch Armut und Ungleichheit zu beseitigen. Den Appell verabschiedeten Papst Franziskus und der Ökumenische Patriarch Bartholomäus I. gemeinsam mit Rabbiner David Brodman aus Israel, dem Vizerektor der sunnitischen Al-Azhar-Universität in Kairo, Abbas Shuman, dem buddhistischen Patriarchen Koei Morikawa und anderen.
APA/AP/Alessandra Tarantino
Vertreter der Weltreligionen mit Kindern beim Friedensgebet in Assisi
„Im Krieg sind alle Verlierer“
„Im Krieg sind alle Beteiligten Verlierer, auch die Sieger“, heißt es in dem Dokument. Niemand könne sich auf Gott berufen, um Terrorismus, Gewalt oder Krieg zu rechtfertigen. „Ein Krieg im Namen der Religion richtet sich gegen die Religion selbst.“ Ausdrücklich beschworen die Religionsführer die politischen Verantwortungsträger auf, auch einer „Rache wegen vergangener Ereignisse“ Einhalt zu gebieten.
Der Friedensappell knüpft an eine Initiative von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 1986. Das damalige Treffen begründete laut den Unterzeichnern einen „Pilgerweg“, auf dem Religionsvertreter aus aller Welt seither den „untrennbaren Zusammenhang zwischen dem großen Gut des Friedens und einer glaubwürdigen religiösen Lebensführung“ bekannten.
APA/AP/Alessandra Tarantino
Papst Franziskus und Anglikanerprimas Justin Welby
Vor der feierlichen Verlesung gedachten die Religionsführer schweigend der Opfer des Kriegs und des Terrorismus. Anschließend wurde der Appell von den geistlichen Oberhäuptern an Kinder übergeben, die das Dokument zu Vertretern der einzelnen Staaten bringen sollten.
Ächtung fundamentalistischer Gewalt
Vor der Verlesung des Appells hatte der Papst die Gläubigen aller Religionen zur Ächtung fundamentalistischer Gewalt aufgefordert.
Der Zeremonie auf dem Vorplatz der Basilika San Francesco in Assisi gingen Friedensgebete der einzelnen Glaubensrichtungen voraus. Die christlichen Konfessionen hielten eine ökumenische Andacht in der Kirche San Francesco. Währenddessen wurden die Namen aller Länder verlesen, die sich derzeit im Krieg befinden, und Kerzen für jedes von ihnen entzündet.
„Wir wollen gemeinsam beten, damit Gott uns über die Trennung der Religionen hinaus allen ein offenes Herz für den Frieden gibt. Es gibt keinen Gott des Krieges“, sagte der Papst. Es gehe darum, für den Frieden zu beten, „bis man sich der Kriege schämt“.
Keine Einladung für Dalai Lama
Nicht eingeladen zum Friedenstreffen in Assisi wurde der Dalai Lama, der geistliche Führer der Tibeter. Laut italienischen Medien erklärte der Dalai Lama, dass er gern am Treffen in Assisi teilgenommen hätte, er habe jedoch keine Einladung erhalten. Laut Medienangaben wäre die Anwesenheit des Dalai Lamas ein Problem für den Vatikan gewesen, der mit der Regierung in Peking eine heikle Verhandlung rund um die Normalisierung der Beziehungen zur katholischen Untergrundkirche führt.
Bereits seit Sonntag hatten sich rund 10.000 Menschen - darunter 500 Religionsführer, Geistliche, Politiker, Wissenschaftler und Intellektuelle - in Assisi zur Diskussion über Krieg und Frieden versammelt.