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Unterstützung der Gemeinschaft

  

Dankgottesdienst zum 50. Jahrestag der Gemeinschaft Sant’Egidio

10. Februar um 17.30 Uhr in der Lateranbasilika des Hl. Johannes

Die ersten Personen sind 2018 durch die humanitären Korridore in Italien angekommen. Die neue Phase des Projektes, das zum Modell der Gastfreundschaft und Integration für Europa geworden ist


 
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12 September 2011 16:00 | Residenz München, Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Michael Thielen „Zusammenleben: Unsere Bestimmung (Bound to Live Together) – Religionen und Kulturen im Dialog“



Michael Thielen


Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, Deutschland

 Anrede

(I) Einleitung
Afrika befindet sich im Wandel. Eine rasante, dynamische Entwicklung, die nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Kirchen umfasst: Hier sind sie nicht im Schwinden, sondern im Wachstum begriffen. Nirgendwo ist der Glaube lebendiger, ist das Christentum vielfältiger als in Subsahara-Afrika. Beinahe vierzig Prozent der afrikanischen Bevölkerung gehören christlichen Konfessionen an – Tendenz steigend. Unter ihnen befinden sich einige der ältesten christlichen Gemeinden – am Horn von Afrika, in Äthiopien und dem heutigen Eritrea. Und während die Zahl der Katholiken auf anderen Kontinenten stagniert oder – wie in Europa – sogar rückläufig ist, wächst sie in Afrika beständig: In etwa 15 Jahren wird, Schätzungen zufolge, ein Sechstel aller Katholiken, ca. 230 Millionen Gläubige, hier beheimatet sein. Heute schon findet fast jede zweite katholische Taufe der Welt in Afrika statt. Daneben hat sich eine Vielzahl von Denominationen etabliert. Je nach Herkunft der jeweiligen Missionsgesellschaft begegnet man den unterschiedlichsten Ausprägungen der lutherischen, reformierten, anglikanischen, orthodoxen, baptistischen oder methodistischen Kirchen. Und auch neue Bewegungen erhalten viel Zulauf – vor allem Pfingstgemeinden und evangelikale Gruppen ziehen immer mehr Menschen an.

(II) KAS in Afrika
Es zeigt sich: Die Kirchen in Afrika gewinnen an Einfluss und sind und bleiben ein wichtiger Entwicklungsfaktor für den Kontinent. Die Konrad-Adenauer-Stiftung tritt daher – in allen afrikanischen Ländern, in denen wir präsent sind (südlich der Sahara ist dies seit über vierzig Jahren in mehr als 12 Ländern der Fall), mit den Kirchen in einen Dialog, der unserer Ansicht nach mit entscheidend ist für die Entwicklung des Kontinents.
Warum? Was verbindet uns mit den Kirchen?
Die Förderung sozialer Gerechtigkeit und entwicklungsorientierter Rahmenbedingungen ist eines der übergeordneten Ziele, die wir in Afrika verfolgen. Sie lassen sich dauerhaft nur in einem funktionierenden und demokratischen Staatswesen, innerhalb stabiler, friedensfördernder und rechtsstaatlicher Strukturen erreichen. Diese wiederum beruhen auf einem Wertefundament, das für eine soziale Ordnung grundlegend ist. Die künftigen Entscheidungsträger zu einem wertorientierten Handeln anzuleiten, die Grundlagen dieses Handelns zu reflektieren und zu legitimieren, gehört in Afrika zu unseren Kernaufgaben- zumal als Politische Stiftung, die sich am christlichen Menschenbild orientiert. Hierbei ziehen wir mit den Kirchen an einem Strang. So ist die KAS Ansprechpartner vor allem auch für die katholische Kirche und bietet ihr eine Dialogplattform, um ihre Rolle in der afrikanischen Gesellschaft reflektieren und stärken zu helfen. So haben wir etwa in Kenia vor ca. drei Jahren eine Klausurtagung für die katholischen Bischöfe des Landes organisiert, um die Strategie der katholischen Kirche bezüglich der Verfassungsreform in Kenia zu erörtern. Zu erwähnen wäre auch der „Kaduna-Roundtable“ in Nigeria, den die KAS zusammen mit der Kommission Justitia et Pax der Erzdiözese Kaduna ins Leben gerufen hat. Oder Namibia, wo wir im Vorfeld der Wahlen 2009 in einer Reihe von Fachkonferenzen den Einfluss der Kirchen auf die Politik und deren Rolle in Wahlprozessen mit hochrangigen Vertretern aller Konfessionen Namibias erörtert und eine gemeinsame offizielle Erklärung der Kirchen in Namibia erarbeitet haben, die von allen Teilnehmern getragen und unterzeichnet worden ist. Die „Kirchen-Deklaration zu den Wahlen in Namibia 2009“ bringt das Eintreten der Kirchen für tolerante, gewaltlose, freie und faire Wahlen zum Ausdruck. Und auch in Malawi ist es der KAS gelungen, mit einem „Presidential Prayer Breakfast“ mit Blick auf die Wahlen im Oktober 2009 Politik und Kirche zusammenzubringen: Kirchliche Würdenträger verschiedener Konfessionen forderten mit Präsidentschaftskandidaten und deren Stellvertretern gemeinsam zu fairen und friedlichen Wahlen auf. Dies, um nur einige Beispiele zu nennen.
Ein anderes wichtiges Thema in und für Afrika ist die Frage von Religionsfreiheit und Toleranz, vor allem zwischen Christen und Muslimen. Hier funktioniert das Miteinander nicht immer reibungslos – und manchmal, wie in Nigeria, prallen die Religionen auch aufeinander. Die KAS tritt entschieden für Religionsfreiheit und gegenseitigen Respekt, für Einheit in der Vielfalt ein – wofür es gerade auf einem so bunten und lebendigen Kontinent wie Afrika ebenfalls viele Beispiele gibt. Im Senegal etwa, wo sich das Zusammenleben von Muslimen, Christen und Angehörigen der afrikanischen Religionen überwiegend harmonisch und gut-nachbarschaftlich gestaltet. Mehr noch: Die Religionsfreiheit und freie Ausübung von religiösen Handlungen sind in der senegalesischen Verfassung fest verankert. Senegal hat somit für viele Nachbarländer einen Modellcharakter. Die christliche Minderheit wird von der muslimischen Mehrheit respektiert und integriert. Es ist eine Besonderheit, dass der erste Präsident des unabhängigen Senegal, Leopold Sédar Senghor, als Christ mehr als zwanzig Jahre lang in einem Staat mit mehr als neunzig Prozent Muslimen mehrfach wiedergewählt worden ist. Diesen Modellcharakter zu beleuchten, hat sich die KAS in Dakar zur Aufgabe gemacht und geht etwa der Frage nach, was dieses Modell kennzeichnet und
beispielhaft macht. Dies, um diejenigen Länder zu inspirieren, die von interreligiösen Spannungen durchzogen sind. Aber auch, wie es präventiv im Falle von Spannungen und gegenläufigen Entwicklungen nutzbar gemacht werden kann. Denn auch der Senegal ist von atmosphärischen Störungen nicht frei. Die latente Gefahr, von fundamentalistischen Kräften instrumentalisiert werden zu können, macht eine verstärkte Sensibilisierung der Bevölkerung und vor allem von Jugendlichen notwendig.
So ist etwa die Erziehung der Jugend zu Demokratie und Toleranz einer der Schwerpunkte der Stiftungsarbeit in Tansania, einem Land, das neben einer christlichen Prägung auch über einen dreißig bis vierzig prozentigen muslimischen Bevölkerungsanteil verfügt. In Zusammenarbeit mit dem Verband der Koranschullehrer hat die KAS in den vergangenen Jahren ein Curriculum für öffentliche Schulen und Koranschulen entwickelt, das zu einem toleranten und dialogorientierten Miteinander befähigen soll. Von den staatlichen und islamischen Institutionen inzwischen angenommen, ist es zu einer Grundlage für Religionsunterricht und Staatsbürgerkunde geworden. Das Curriculum hat die Zulassung des Erziehungsministeriums erhalten und wird heute von einer Mehrheit der Koranschullehrer verwendet.
Ein weiteres Anliegen der afrikanischen Gesellschaft – und das vielleicht größte, das die KAS mit den Kirchen verbindet, ist die Frage nach einem ethischen Rahmen, einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnungsmodell für Afrika, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Nach wie vor ist in Afrika die soziale Frage besonders virulent. Zwar ist seit einiger Zeit ein Wirtschaftswachstum auf dem Kontinent zu verzeichnen, gemessen an sozialen Indikatoren fällt er jedoch immer noch hinter andere Weltregionen zurück. Die Armutsrate ist leicht gesunken, aber gleichwohl
weltweit am höchsten geblieben. Und während die Lebenserwartung fast überall steigt, sinkt sie in Afrika beständig – in einigen Ländern sogar auf unter 40 Jahre. Darüber hinaus ist Afrika der Kontinent, auf dem die Mehrzahl aller gewaltsamen Auseinandersetzungen stattfinden. Das Ziel, hier menschenwürdige soziale, politische und wirtschaftliche Strukturen aufzubauen, ist noch lange nicht erreicht.
Im Hinblick auf dieses Ziel, auf eine soziale und friedliche Grundordnung, kann die katholische Soziallehre ein Wegweiser sein. Hin zu den Fundamenten einer Gesellschaft, die gerecht ist – und den spezifischen Rahmenbedingungen und Herausforderungen Afrikas gerecht wird. Ein Wegweiser zu den Möglichkeiten einer Politik, die sich am Menschen, am Nächsten orientiert. Einer Politik, die das Soziale nicht aus dem Blick verliert – in der heutigen Zeit und für die Bedürfnisse der heutigen Zeit, aber auf der Grundlage einer zeitlosen Botschaft. Die Frage, was diese Botschaft heute bedeuten kann, hat sich die Katholische Kirche neu gestellt. Das Ergebnis: das „Kompendium der Sozialdoktrin der katholischen Kirche“. Im Oktober 2004 hat der Päpstliche Rat Justitia et Pax auf Anregung von Papst Johannes Paul II dieses Dokument herausgebracht. Dabei handelt es sich um nichts weniger als das erste Dokument überhaupt, das die katholische Soziallehre in ihrer ganzen Fülle und Tiefe in einem Band präsentiert: Auf fast 500 Seiten fasst sie die Kirche hier erstmals in ihrer Geschichte zusammen. Eindrucksvoll ist das Werk aber vor allem deshalb, weil die Kirche hiermit versucht, aus christlicher Tradition heraus den dringenden Fragen der Zeit und Herausforderungen der Moderne zu begegnen. Zudem ist das Werk nicht nur für Katholiken, sondern auch für den Dialog mit Anhängern anderer Konfessionen und Religionen gedacht. Die Werte, die dort vertreten werden, sollen allgemein gelten können: für jeden Menschen „guten Willens“.
Seit seinem Erscheinen ist das Kompendium außerhalb Europas zunächst in Lateinamerika und Asien bekannt gemacht worden. 2008 kam es nach Afrika – mit Unterstützung der KAS: Im Rahmen der Buchpräsentation in Dar es Salam, Tansania, hatten sich auf Einladung von Justitia et Pax, der Afrikanischen Bischofskonferenz sowie der KAS hochrangige Kirchenvertreter, darunter zahlreiche Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe sowie Laienvertreter, zu einer länderübergreifenden Konferenz versammelt, um dieses Werk in seiner Relevanz für Afrika darzustellen und seine Aussagekraft gerade für diesen Kontinent zu erörtern. Damit war ein erster gemeinsamer Schritt in der Vermittlung der Grundgedanken der Christlichen Soziallehre auch auf dem afrikanischen Kontinent getan.
Wie Entwicklungspolitik am Maßstab des Menschen aussehen kann, hat Papst Benedikt XIV. überdies im Juni 2009 in seiner Enzyklika „Caritas in Veritate“ eindrucksvoll dargelegt. Die Enzyklika ist die Antwort der katholischen Kirche und ihrer Soziallehre auf die heutigen sozio-ökonomischen Fragen und Herausforderungen. Sie bietet Orientierung auf der Grundlage christlicher Überzeugungen. Überzeugungen, die auch uns, die Konrad-Adenauer-Stiftung, in unserem Engagement im In- und Ausland, in unserer politischen Arbeit in Afrika, leiten und begleiten.

Denn die Christliche Soziallehre ist kein Auslaufmodell. Sie weist den Weg zu menschenwürdigen und gerechten sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen. Und diese gilt es – gerade heute, im Kontext der Globalisierung mehr denn je – nicht aus den Augen zu verlieren. Um den Maßstab jeder gesellschaftlichen Entwicklung im Blick zu behalten: den Menschen. Und ihn, den Menschen, in den Mittelpunkt politischen und wirtschaftlichen Handelns zu stellen.
Dieses Anliegen – die christliche Soziallehre als einen Wegweiser der Orientierung, als einen Motor gesellschaftlicher Entwicklung aufzuzeigen – gerade in einer Gesellschaft, die sich verändert, die nach Orientierung sucht, gerade in einem Afrika im Wandel – dieses Kernanliegen, um es noch einmal hervorzuheben, verbindet uns mit den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften.
Zahlreiche Projekte haben wir dabei entwickelt und auf den Weg gebracht. Ein Beispiel möchte ich besonders hervorheben: Gemeinsam mit dem Päpstlichen Rat Justitia et Pax haben wir für Lateinamerika einen Vorschlag für ein Seminarkonzept ausgearbeitet, nach dem die Grundgedanken der Soziallehre der Kirche an den katholischen Universitäten des Kontinentes vermittelt werden können. Wir wenden uns damit bewusst an die Führungskräfte von morgen, wir wollen Verantwortung wecken und stärken. Denn instabile soziale Strukturen, Ungerechtigkeit und Armut sind nicht nur eine Bedrohung der Menschenwürde, sondern auch ein Nährboden für Populismus, eine Gefahr für die demokratische Entwicklung. Nur wenn sie – die künftigen Eliten und Entscheidungsträger – die Notwendigkeit einer ethischen Ausrichtung ihres Handelns und Denkens erkennen – und das heißt für uns, sich am christlichen Menschenbild orientieren – können sie, so unsere Überzeugung, eine entscheidende Rolle auch für die Weiterentwicklung der Demokratie spielen.
Nun geht der Blick nach Afrika: Welche Möglichkeiten, welche Ansatzpunkte ergeben sich für diesen Kontinent, um das große Potential der Christlichen Soziallehre für eine gerechte und menschenwürdige Entwicklung, für ethisch fundierte, auf dem christlichen Menschenbild beruhende gesellschaftspolitische Ordnungsvorstellungen fruchtbar zu machen? Wie kann das christliche Menschenbild den rasanten Wandel, der in der afrikanischen Gesellschaft gerade stattfindet, mitprägen?
Denn Christen – und das möchte ich betonen – können nicht darauf verzichten, diesen mitbestimmen zu wollen und sich einzumischen – auch in die Politik. Und wer in unseren modernen Gesellschaften mitbestimmen und gestalten will, kommt um ein Engagement in öffentlichen Institutionen, einschließlich politischer Parteien nicht herum.
Wenn wir mit Blick auf Afrikas Entwicklung über Teilhabe sprechen, dann kommt neben der wirtschaftlichen und sozialen Teilhabe insbesondere auch der politischen Partizipation besondere Bedeutung zu. Als Politische Stiftung, die der Christdemokratie verpflichtet ist, sehen wir daher in politischen Parteien ein ganz entscheidendes Instrument nicht nur der politischen Willensbildung und der Artikulation von Interessen, sondern auch einen entscheidenden Bereich, wo sich Christen engagieren müssen und sollten, um für die gesellschaftstragenden Werte einzustehen und einzutreten.
In der Internationalen Zusammenarbeit geht es dabei nicht darum, vorgefertigte Konzepte der freiheitlichen Demokratie und der Sozialen Marktwirtschaft zu „exportieren“. Das Ziel unserer Arbeit auch in Afrika ist es vor allem, gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort einen Beitrag zur Entwicklung und Stabilisierung der Demokratie, ihrer Grundwerte, Verfahrensweisen und Institutionen zu leisten. Die Werte der Christlichen Demokratie zum einen und konkrete Politikansätze auf der Grundlage dieser Werte zum anderen geben Orientierung und Anregungen für sinnstiftende Politikgestaltung.
Leitbild unserer Arbeit ist das christliche Verständnis vom Menschen als Geschöpf Gottes in seiner Gleichwertigkeit, seiner unverwechselbaren Individualität und Würde wie auch seiner Unvollkommenheit. Dabei geht es nicht darum, „exklusive“ christliche Parteien zu unterstützen, sondern die zu fördern, die sich auf der Basis dieser Werte politisch engagieren wollen. Christen haben hier – zusammen mit anderen – eine wachsende Verantwortung zu übernehmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


München  2011

Botschaft
von Papst
Benedikt XVI


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