Vor zwanzig Jahren fuhr das Schiff Vlora in den Hafen von Bari ein. Tausende Albaner konnten aus einem Land, das einem Gefängnis glich, in die Freiheit gelangen und ein neues Leben beginnen. Das bedeutete für Bari eine beispiellose Herausforderung.
Heute erlebt die Stadt eine ähnliche Herausforderung, auch wenn die Not nicht so offensichtlich und die Zahl nicht so groß ist. Die Antwort scheint jedoch Gleichgültigkeit und Kälte zu sein.
Durch ein großes Aufnahmelager für Asylbewerber wurde die Hauptstadt Apuliens zu einem - vorübergehenden und teilweise auch dauerhaften - Anlaufpunkt für Menschen, die Wüsten durchquert und Meere überquert habe, um nach Europa zu kommen.
Diese schrecklichen Reisen kosten wenigstens einer von zehn Personen das Leben. Darüber sprachen Rahimi und Kone in ihren Zeugnissen beim Gebet "Sterben auf dem Weg der Hoffnung" am 21. September in der Kirche San Marcello in Bari aus eigener Erfahrung.
Rahimi stammt aus Afghanistan und wurde aus politischen Gründen aus dem Iran ausgewiesen, wo er mit Frau und drei Kindern lebte. Allen wurde die Staatsbürgerschaft entzogen, sodass sie als Staatenlose eine Woche Zeit hatten, um alles zu verkaufen und zu fliehen. Die Reise über das Meer nach Italien dauerte fünf Tage ohne Nahrung und Wasser. Unter denselben Bedingungen ist Koné aus der Elfenbeinküste drei Tage lang unterwegs gewesen. Bis zum Ausbruch der Revolution hatte er in Libyen eine geregelte Arbeit, dann wurden die afrikanischen Migranten von Rebellengruppen ins Visier genommen. Nachdem Koné mit dem Tod bedroht und geschlagen worden war, verlor er alles und konnte sich zusammen mit zweihundert anderen Menschen gerade noch auf ein Schiff retten.
Diese beiden Geschichten verdeutlichen, welche menschlichen Tragödien und welche Dramatik die Migranten Rahimi und Koné erlebt haben. Viele Italiener und Ausländer im Gebet hörten mit großer Anteilnahme zu, als die lange Namensliste der Opfer auf den Reisen nach Europa verlesen und der Herr um Gnade und Schutz angerufen wurde. Es gibt mittlerweile fast 18.000 sicher belegte Todesopfer im Mittelmeer seit 1991. Von vielen ist der Name unbekannt, doch der Herr kennt all ihre Namen.
Die Gebetswache fand unter dem Vorsitz von Don Dianni De Robertis statt, dem Direktor von "Migrantes" und wollte an dieses aktuelle und ignorierte Massaker erinnern, das Dimensionen eines Krieges angenommen hat. Sie war auch ein Aufruf an alle Einwohner von Bari zu einer neuen Haltung der Gastfreundschaft und Offenheit.
|