Während in Europa nationale Abgrenzungstendenzen wachsen und die Wirtschaftskrise einigen Ländern jegliche Entfaltungsmöglichkeit zu rauben scheint, haben Christen verschiedener Konfessionen, Gemeinschaften und Bewegungen gestern europaweit für die Einheit ihres Kontinents die Stimme erhoben und ein gemeinsames Zeichen der Hoffnung und des Friedens gesetzt. In der Gold Hall in Brüssel waren mehr als 1000 Mitglieder aus den Gemeinschaften, Vertreter der Kirchen, der Politik und der Gesellschaft zum dritten internationalen Event des Netzwerkes "Miteinander für Europa" versammelt. Zugeschaltet waren über eine Satellitenverbindung weitere Veranstaltungen in 144 Städten und 22 Ländern Europas.
Organisatoren des Treffens waren über einhundert Bewegungen und Gemeinschaften aus Europa, unter anderem CVJMs aus Deutschland, Schönstatt, die Gemeinschaft Sant'Egidio, die Fokolarbewegung, Fondacio, die Christusbruderschaft Selbitz, Syndesmos (orthodxe Jugendliche) und die charismatische Bewegung in der Katholischen Kirche. In Anwesenheit von Parlamentariern, Politikern und Vertretern der Verwaltung aus verschiedenen Ländern, von katholischen, evangelischen und orthodoxen Bischöfen und Vertretern aus Kultur und Gesellschaft wurde im gemeinsamen Manifest "Miteinander für Europa 2012" an die Vision der Gründerväter Europas erinnert und an die europäischen Bürger appelliert, die großen Herausforderungen der globalen Gesellschaft gemeinsam anzugehen, um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. "Ein Europa, das in versöhnter Vielfalt geeint ist, wird eine Kultur des Zusammenlebens verwirklichen, eine Kultur, die die Welt braucht" heißt es in der Abschlussbotschaft von Brüssel.
Maria Voce, die Präsidentin der Fokolarbewegung warf einen Blick auf den bisher zurückgelegten Weg und sprach von "einer faszinierenden Erfahrung, die in einem Geist der Kommunion eine Zukunft der Geschwisterlichkeit und des Friedens für einzelne und Völker vorbereitet". Bei der Veranstaltung sprachen auch der ehemalige Präsident der europäischen Kommission, Romano Prodi, der "diese gütige Kraft für Europa" lobte, und der italienische Minister für internationale Zusammenarbeit und Integration, Andrea Riccardi, sowie Thomas Römer vom CVJM München und der Wirtschaftswissenschaftler Luigino Bruni. Anwesend waren auch der Europakommissar John Dalli, der belgische Minister Mark Eyskens und der Franzose Jacques Barrot.
In seiner Botschaft unterstrich EU-Ratspräsident Hermann Van Rompuy, dass "das Schicksal Europas in der Philosophie der Beziehung und der Begegnung" begründet sei, eine Einheit in der Vielfalt, die die Andersartigkeit nicht ablehne, sondern ausdrücklich bejahe. Der italienische Minister Riccardi betonte in seiner Rede, Europa habe Grund zur Hoffnung und müsse seine Verantwortung in der Welt wahrnehmen. Der Karlspreisträger beschwor die Bürger Europas, dem Pessimismus nicht nachzugeben und nicht zu meinen, die Krise allein bewältigen zu können. "Die Kultur der Einheit kann Europa eine neue Seele schenken", sagte er. (Die vollständige Rede von Andrea Riccardi -->)
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Die Seele für Europa wurde durch konkrete Zeugnisse, sowie lebendige und überzeugte Beiträge von Jugendlichen sichtbar gemacht. Das wurde auch in 144 europäischen Städten erfahrbar, wo parallel unterschiedliche Initiativen und Treffen durchgeführt wurden. Von der Piazza del Campidoglio in Rom bis zum Sitz des Europaparlamens, von Vilnius bis Schengen, von Prag bis Madrid, von Chisinau bis Tirana und 29 deutschen Städten konnte man erleben, dass der alte Kontinent von einer neuen Energie für Solidarität, Entwicklung und Einheit erfüllt wird.
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