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30 Marsch 2010

Rom: Gebet zum Gedenken an die Glaubenszeugen und Märtyrer unserer Zeit - Homilie Kardinal Stanisław Ryłko


 
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Homilie S.Em. Kardinal Stanisław Ryłko,
Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien
Santa Maria in Trastevere, 30. März 2010

 

Liebe Brüder und Schwestern,

erlaubt mir, der lieben Gemeinschaft Sant'Egidio von Herzen zu danken, dass sie mich eingeladen hat, an dieser Gebetswache zum Gedenken an die heutigen Märtyrer teilzunehmen, einer Epiphanie der bis zur Hingabe seiner selbst gelebten Liebe. Ihr kennt den unermesslichen Wert des Lebens und Todes von Hirten, Ordenleuten und Laien, die dem Bösen auf Kosten des eigenen Bluts entgegengetreten sind. Dies ist ein Schatz für die Kirche und für unsere Zeit, die so sehr an Verwundungen durch Gewalt leidet. In der Basilika von S. Bartolomeo auf der Tiberinsel, an diesem - von Papst Johannes Paul II. zum großen Jubiläum 2000 gewünschten - Gedenkort für die Zeugen des 20. Jahrhunderts und noch mehr in unserem Leben führen uns die Caritas, die Liebe zu den Armen, die Verehrung des Wortes Gottes zum zentralen Mysterium des christlichen Lebens, worauf uns der Palmsonntag eingeleitet hat. Es ist besonders bedeutsam, dass wir heute die Stimme von großzügigen, sanftmütigen Männern und Frauen hören, von Friedensstiftern, die uns über die Treue gegenüber Christus Zeugnis ablegen. Sie folgten den Spuren Christi auf seinem Leidensweg und seinem Tod, im Glauben an die Auferstehung.
Es ist kein Zufall, dass heute zusammen mit euch auch orthodoxe, evangelische und anglikanische Brüder und Schwestern anwesend sind. Wie der Diener Gottes Johannes Paul II. betonte, ist die Kommunion der Heiligen und der Märtyrer stärker als jegliche Trennung. Gemeinsam zeigten sie die Schönheit des Antlitzes Gottes auf, wie Philippus und Andreas, die die in Jerusalem angekommenen Griechen zu ihrem Meister führten. Ich bin der Überzeugung, dass an vielen Orten der Welt, wo Menschen leiden und vom Elend und vom Bösen geschlagen sind, unermüdlich ihre gleiche Bitte emporsteigt: "Herr, wir möchten Jesus sehen". Jesus, dessen Name bedeutet "Der Herr rettet".
Wieviele sind die Jünger von heute, die wie die Apostel denjenigen, die sie danach fragten, das Geheimnis eines gänzlich hingegebenen Lebens enthüllten, wie jenes ihres Herrn? In ihnen selbst und in der erlittenen Demütigung aufgrund des Namens Jesu erfüllt sich die Stunde, von der Christus selbst sprach: Der Menschensohn wird verherrlicht werden. Durch sein Fallen in die Erde hat er unermessliche Früchte der Liebe gebracht. Dies geschieht nie ohne Erschütterung. Das Johannesevangelium hilft uns heute, das tiefe Echo des Gebets zu hören, das Christus am Ölberg an seinen Vater richtete. "Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen."
Diese tiefe Erschütterung lässt das Gewissen und das Herz vieler demütiger Söhne und Töchter des Evangeliums erbeben. Während sie von der Gefahr bedrängt sind, findet sich heute auf ihren Lippen - wie auf den Lippen der Pilger, die sich auf dem Weg nach Jerusalem befinden - derselbe Ruf aus Psalm 121: "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe?"
Ich denke an die vielen Christen in Asien, deren Gemeinden durch Hass und Gewalt dezimiert sind: die Chaldäer im Irak, aber auch die syrisch-orthodoxen und die anderen orientalischen Christen. Ich denke an Pakistan, wo ein junger Christ vor nicht mehr als einer Woche lebendig verbrannt wurde. Kürzlich war ich in Korea, wo sich der heutige Glaube auf das heroisch hingegebene Leben vieler Menschen in den letzten Jahren stützt. Der gewaltvolle Tod eines Menschen, der durch Glaubenshass oder durch Neid und Angst angesichts der christlichen Liebe verursacht wird, ist nie eine definitive Niederlage. Das wahre Gesicht der Kirche ist die Liebe!
In dieser Basilika wurde am 23. März das Gedenken an Bischof Oscar Arnulfo Romero begangen, ein unvergesslicher Hirte. Aus seinem Martyrium ging die Hoffnung auf Frieden und Versöhnung für El Salvador hervor. Die letzte von ihm gefeierte Eucharistie am 24. März vor dreißig Jahren wurde durch den mörderischen Gewehrschuss unterbrochen; gerade da, als er den Kelch mit dem Blut Christi erhob, der sich mit seinem Blut vermischte. Ich war sehr betroffen, als ich hörte, dass seine Liebe für die Armen und für die Kirche heute unter euren jungen Menschen lebt, um weiterhin die Mächte des Bösen zu vertreiben. Auch ihr habt diesen Schmerz erlebt: Einer von euch - William Quijano - wurde von einer Jugendbande getötet, weil er anders war und das Zeichen des Evangeliums trug.
Wir müssen und dürfen mit derselben Kraft unseres Herrn Jesus lieben! Er war schutzlos und nur durch seinen unerschütterlichen Glauben an den Vater beschützt. Viele, viele Christen sind seinem Weg gefolgt: Zahlreiche Ordensmänner und Ordensfrauen, Zeugen der Liebe für die Armen, wurden wehrlos getötet, in Afrika, in Zentral- und Lateinamerika; teils auch in hohem Alter, nachdem sie so lange für die anderen gelebt hatten. Wieviele Laien - manchmal Jugendliche, oder Frauen - sind durch ihre Sanftmut den dunklen Mächten, die töten und das Leben der Völker mit Leid füllen, lästig gefallen? Wer wird ihr Erbe aufnehmen?
Ihr Opfertod - gerade, weil es eine Aufopferung von Unschuldigen ist - bringt das machtvolle Urteil des Kreuzes zum Ausdruck. Das Kreuz enthüllt das Böse und zeigt seine Nacktheit und offenbart so die Schönheit des Guten. Jesus, der Herr, sagt: "Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen."

Danken wir den Brüdern und Schwestern noch heute, dass sie mit ihrem Blut den Plänen des Bösen widerstanden haben. Sie haben den Herrscher dieser Welt "hinaus" geworfen: hinaus aus ihrem Herzen, durch das Gebet, durch das inständige Rufen, durch das Mitleid, durch ihre Treue. Sie haben ihn hinausgeworfen aus den Konzentrationslagern, aus den Konflikten,  aus dem Horizont des Todes, in welchen sie die Peiniger treiben wollten, indem sie bis zum Ende daran glaubten, dass das Leben Liebe ist. Es ist wahr, was Seine Heiligkeit Benedikt XVI zu euch sagte:
"Dem äußeren Anschein nach erweisen sich die Gewalttätigkeit, die Totalitarismen, die Verfolgung, die blinde Gewalt als stärker und bringen die Stimme der Glaubenszeugen zum Schweigen, die menschlich gesehen als Verlierer der Geschichte erscheinen können. Aber der auferstandene Jesus erleuchtet ihr Zeugnis, und so verstehen wir den Sinn des Martyriums. Tertullian bemerkt dazu: "Plures efficimur quoties metimur a vobis: sanguis martyrum semen christianorum - Wir vermehren uns jedes Mal, wenn wir von euch niedergemetzelt werden: Das Blut der Märtyrer ist der Samen für neue Christen" (Apologeticum 50,13: CCL 1,117). In der Niederlage, in der Demütigung derer, die für das Evangelium leiden, ist eine Kraft am Werk, die die Welt nicht kennt".
Liebe Freunde, heute werden wir in dieser lichtvollen und zugleich schmerzhaften Gebetswache zu Teilhabern an dieser Kraft. Die Christen, an deren Namen wir heute erinnern werden, eröffnen uns den Weg auf das Letzte Ostern im Reich Gottes. Folgen wir ihnen ohne Zögern, mit Dankbarkeit und Großzügigkeit, um Zeugen des Auferstandenen zu werden. Amen.

 

 




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