Die Anwesenheit von Menschen, die auf der Straße leben oder unter Vereinsamung leiden, nimmt in den vergangenen Jahren auch in einem reichen Land wie Deutschland dramatisch zu. Manche schlafen unter Pappkartons, andere leben in Notunterkünften oder Verfügungswohnungen, wieder andere besitzen zwar eine eigene Wohnung aber leider keine Angehörigen und Freunde. Diese neue Armut hat die Gemeinschaft Sant'Egidio seit vielen Jahren veranlasst, eine Freundschaft zu ihnen aufzubauen. In vielen Städten, wie auch in Würzburg gibt es in der sogenannten Mensa einen regelmäßigen Treffpunkt, wo man eine warme Mahlzeit und vor allen Dingen eine herzliche Freundschaft und die Geborgenheit einer Familie geschenkt bekommt.
Ein besonders schwieriger Moment für diese Personen sind Krankheit und Sterben. Häufig gibt es niemanden, der in diesen schwierigen Zeiten Freundschaft und Begleitung anbietet oder sich auch nach dem Tod erinnert. Immer wieder hören die Freunde der Gemeinschaft die drängende Frage: "Wer denkt an mich, wenn es mir schlecht geht? Wer wird einmal an meinem Grab stehen?" In Großstädten wie Berlin, München und Hamburg werden mittlerweile fast 50% aller Menschen anonym bestattet.
Dagegen möchte die Gemeinschaft Sant'Egidio eine Kultur des Lebens und der Freundschaft setzen, um diese Menschen dem Vergessen zu entreißen. Dieses Gedenken hat mittlerweile eine lange Geschichte und begann vor 30 Jahren in Rom: Damals starb die obdachlose Modesta Valenti am 31. Januar 1983 vor dem Bahnhof Termini im Alter von 71 Jahren, ohne Hilfe zu erfahren. Die Sanitäter hatten sich geweigert, sie mitzunehmen, weil sie schmutzig war. In Würzburg wird das Gedenken als ökumenischer Gottesdienst begangen, seit am 6. Januar 1998 der stadtbekannte obdachlose Straßenmusikant Fritz Werner Marschner verstarb. Wie immer in solchen Fällen sollte er kostengünstig in einem auswärtigen Massengrab ohne Aussegnung und Grabstein bestattet werden sollen. In einer gemeinsamen Aktion mit anderen Organisationen hat die Gemeinschaft Sant'Egidio durch Spenden ein Grab auf dem Hauptfriedhof eingerichtet und kümmert sich in Zusammenarbeit mit den Kirchen vor Ort um solche Bestattungen.
Hunderte von Namen wurden in der Marienkapelle verlesen, viele ärmere Freunde, Mitglieder der Gemeinschaft und Freunde aus der ganzen Stadt waren gekommen und zündeten für ihre Lieben eine Kerze an. Pfarrerin Wagner erinnerte in ihrer Predigt zur Verklärungsgeschichte daran, dass das Licht des Herrn in der Dunkelheit von Leid und Tod die Hoffnung schenkt, dass niemand vergessen wird. Es war ein tröstliches Gedenken und ein Zeichen der Hoffnung für eine menschlichere Stadt, die niemanden im Leid allein lässt. Beim anschließenden gemütlichen Zusammensein im Haus der Gemeinschaft konnten alle die Schönheit der Freundschaft in der Familie von Sant'Egidio erleben in der Gewissheit, dass niemand vergessen wird.
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